Apropos:

Die bösen Kühe

https://www.welt.de/politik/ausland/article245938860/Irland-erwaegt-Toetung-von-200-000-Kuehen-fuer-den-Klimaschutz.html

Es ändert sich im Moment vieles und sehr schnell. Im Buch habe ich noch geschrieben, dass Kühe als Plastikvertilger eingesetzt werden können. Das mag zwar auch heute noch stimmen, aber es interessiert kaum noch jemanden, weil die kuscheligen Kühe dummerweise CO2 produzieren und dazu noch Methan – einfach dadurch, dass sie leben.

CO2 und Methan sind aber böse. Daher müssen wir wohl oder übel konstatieren:

Nur eine tote Kuh ist eine gute Kuh,

ein Remake des berüchtigten Satzes von Philip Sheridan über die Indianer. Letzteres sollte man natürlich heute nicht mehr sagen, weshalb ich mir dieses Zitat auch verkneife (es steht ein böses Wort drin). Vielleicht ist die einzige Version dieses Satzes, die in entsprechenden Situationen von den allermeisten Menschen akzeptiert wird, jene, die sich auf Stechmücken bezieht. Das aber ist wiederum ungerecht, denn die Mücken dürften selbst nicht so wahnsinnig viel zur globalen Erwärmung beitragen, eher im Gegenteil durch das Übertragen von Malaria, Gelbfieber, Dengue-Fieber… zur CO2-Reduktion beitragen. Aber wir wollen von Kühen reden und nicht von Mücken. Wenngleich sie durchaus Rinder töten können, wie uns Tom Wolfe mit seinem Roman aus der Kriebelmückenzone nahegebracht hat („Ein ganzer Kerl“). Auch das spricht wieder für die Mücke. Sagen wir es so: von einem persönlichen Standpunkt her ist sie böse, vom gesamtgesellschaftlichen Standpunkt her aber gut.

Aber nun wirklich zu den Kühen. Man las gerade, dass die Iren, die sonst so gern ihre gute Butter preisen, vielleicht 200.000 Kühe (und mehr) töten wollen, um ihre Klimaziele zu erreichen. Kühe sind wirklich ganz besonders schlimm, denn sie rülpsen und furzen mehr als Mücken und Elefanten. Und dabei wird Methan frei, ein 25 mal schlimmeres Treibhausgas als CO2. Deshalb müssen die Kühe weg. Man könnte es natürlich auch anders sehen und die Kuh als natürliche Biogasanlage auf vier Hufen betrachten. Die vier Hufe sind dabei allerdings das Problem. Normalerweise gehen Biogasanlagen nämlich nicht umher (wobei an dieser Stelle nicht erörtert werden kann, was das für das Sein bedeutet). Gelänge es, die Bewegungsfreiheit der Kuh noch stärker einzuschränken als bisher und der Melkmaschine noch einen Bronchial- und Analtubus hinzuzufügen, könnte das freiwerdende Methan zwanglos verbrannt und in CO2 und H2O umgewandelt werden. Das Wasser kann den Kühen dann wieder zu trinken gegeben werden und mit dem CO2 wird das Gras, welches die Kühe fressen, gedüngt. Stofflich ist das ein nahezu perfekter Kreislauf. Energetisch wird letztendlich Sonnenenergie in Wärme oder Elektrizität verwandelt. Die Frage ist die nach dem Wirkungsgrad, der gewiss steigen würde, wenn man endlich Kühe züchten würde, die zur Photosynthese befähigt sind. Die geneigte Leserin wird unschwer erkennen, dass die hier verfolgte Idee wesentlich eleganter ist als das bloße Töten. Immerhin hätte aber auch das Töten seinen Vorteil. Man könnte den Karneval unter neuem Aspekt wiederbeleben. Jedes Jahr würde eine gewisse Anzahl von Rindern getötet, die dann von Menschen ohne Reue verzehrt werden könnte. Wenn der Plan erfüllt und das letzte Fleisch gegessen ist, haben wir Aschermittwoch: Die Kuhreste werden verbrannt. Die Fastenzeit würde dann aber, anders als jetzt, das ganze restliche Jahr währen.

Ganz verderblich wäre hingegen, wenn man dem ethischen Gedanken folgte und womöglich Kühe aus ihrer Fron befreit. Das würde an der CO2- und Methanproduktion nichts ändern, die Kühe würden aber einfach umhergehen, wie wir es aus Indien kennen. Es ist aber auch vertrackt mit dem Hinduismus. Während in den monotheistischen Religionen der Klimagott in direkte Konkurrenz mit Nobodaddy treten kann (und wahrscheinlich gewinnt), können die Hinduisten den Klimagott einfach ihrem Pantheon hinzufügen und ihm so die Bedeutung nehmen. Die Kühe laufen weiter durch die Straßen.

Man muss aber doch sagen, dass die Kuhtötung eine ernst zu nehmende Maßnahme für den Klimaschutz sein kann. Den Hinduismus sollte man allerdings verbieten. Verbieten sollte man auch das Halten von Haustieren. Bereits vorhandene Haustiere sollten getötet oder zumindest ausgewildert (=getötet) werden (letzteres hat GRETA bereits vorgeschlagen). Aber auch bei den Kühen gibt es ein Problem: Die gehören nämlich den Bauern, was in Demokratien eine Entschädigung nötig macht. Diese könnte sich nach den gemachten Vorschlägen auf 3000 Euro pro Kuh belaufen, was bei den ca. 1,3 Mrd. Kühen auf dieser Erde insgesamt ca. 4 Mrd. Euro kosten würde, um kuhfrei zu werden. Kein Problem. Kann man drucken. Ein echtes Problem würden natürlich die Kuhkuschler darstellen. Aber vielleicht könnte man für diese betrunkene Elefanten zur Verfügung stellen. Vielleicht würden sie den Unterschied gar nicht merken.

Die Frage ist, wen oder was man sonst noch töten (dem Gott Klima opfern) könnte. Womöglich sollte man bei den Wesen anfangen, die mengenmäßig die meisten Treibhausgase absondern (ob nun direkt oder indirekt). Und wer das ist, nun ja, das ist ja bekannt. Das Problem dabei ist, dass in Friedenszeiten das Töten von Menschen verboten ist (und selbst in Staaten mit Todesstrafe sind die Hürden doch relativ hoch im Vergleich etwa mit dem Töten eines Mosquitos oder Huhns). Man würde also zumindest am Anfang einer solchen Praxis das Freiwilligkeits-Prinzip strikt beachten müssen. Und man würde dafür sorgen müssen, dass das alles in Würde geschieht. Als Vorbild könnte der visionäre Spielfilm „Soylent Green“ dienen (inclusive der Sekundärverwertung). Aber man könnte noch einen Schritt weiter gehen und alles Leben, welches auf dieser Erde CO2 produziert, vernichten (was dann freilich den Sekundäreffekt hätte, dass auch die Pflanzen stürben, denn für sie ist CO2 Nahrung). Das wäre dann die endgültige Huldigung an den eifernden Gott KLIMA.

Was bliebe, wäre eine Welt aus Stein:

[Ich] erinnere mich ganz deutlich, daß mir eine Pflanze zuerst das Unglück der ganzen Erde bekannt gemacht hat, seitdem verstehe ich erst die Seufzer und Klagen, die allenthalben in der ganzen Natur vernehmbar sind, wenn man nur darauf hören will; in den Pflanzen, Kräutern, Blumen und Bäumen regt und bewegt sich schmerzhaft nur eine große Wunde, sie sind der Leichnam vormaliger herrlicher Steinwelten, sie bieten unserm Auge die schrecklichste Verwesung dar. 

(Ludwig Tieck: Der Runenberg)

Ist eigentlich die lebende Natur das Böse? Sollte daher das Leben vernichtet werden?

Die Natur ist Satans Kirche (Lars von Trier: „Antichrist“) Das Leben auf der Erde ist alles andere als gut. (Lars von Trier): „Melancholia“

Schließen möchte ich mit einem Satz von Metacomet, ausgesprochen lange Zeit vor dem Satz von Sheridan (aber viel weniger bekannt):

Nur ein toter Weißer ist ein guter Weißer.